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Tag 35 - Kein Dach ueber dem Kopf?

Samstag (26.7.08)

Dom v Tamarju → Vršič → Koča pri Izviru Soče → Trenta
Unterkunft: Trenta in
einer kleinen Kammer :-)

Huette:
Essen:
o.B.
Fruehstueck:
o.B.
Schlafplatz:
Gemuetlichkeit:
Empfehlung:
Genau dort hoch verlief er erste Teil des Weges
Gerade sitze ich hier im Gemeindezentrum von Trenta. Es ist nicht mal halb 3 und hier gibt es ums verrecken keine Unterkunft, weil hier so ein beschissenes Bierzelt herumsteht, in dem heute abend was stattfindet. Alle Zimmer in der Naehe sind ausgebucht bzw. wollen nicht an eine einzelne Person vermietet werden, wenn die Chance besteht, das Zimmer an mehre zu vergeben und mehr einzunehmen. Um 22 Uhr ging ich puenktlich zur "Huettenruhe" ins Bett. Mir wars langweilig - ich hatte nicht viel zu tun und von meinem Compilerbaubuch kann ich pro Abend nur ein paar Seiten lesen. In der Nacht wachte ich durch eine fremde Person im Raum auf. Eigentlich sollte ich hier alleine sein, aber da scheint noch jemand inmitten der Nacht eingetrudelt zu sein. Der packte schnell aus, haute sich hin und fing prompt an zu schnarchen. Na toll! Ganz grosses Tennis. Eine Viertelstunde versuchte ich einzuschlafen und schob mir dann doch ein paar Ohropacks rein. Als ich gegen 5 Uhr frueh aufwachte, war die unbekannte Person schon wieder verschwunden. Vllt. war es ein Schlaefer oder jemand, der die Via-Alpina in Rekordzeit durchlaufen will. Auf das Fruehstueck musste ich etwas warten, weshalb ich zwischenzeitlich noch meinen Rucksack fertig packte und mich abreisebereit machte. Bei der Bezahlung vergas die Wirtin glatt, mir die Uebernachtung in Rechnung zu stellen. So ehrlich wie Wanderer aber sein sollten, wies ich sie darauf hin.

Das erste Teilstueck des Aufstiegs
Der Weg fuehrte hinter dem Haus weiter und "endete" vor einer 20 Meter breiten Felsspalte, durch die ich hoch musste. Spaeter sah ich in der Karte auch, dass dieser Teil gepunktet war, was die ueberraschende Steigung erklaerte, bei der ich ab und zu wieder meine Haende als Unterstuetzung nahm. Danach verlief der Weg immer weiter hoch, aber viel gemuetlicher. Immer hoeher zeigte sich meine Vermutung von gestern, dass der Weg gemuetlich zu gehen war. Von der Hoehe und dem riesigen, hundert Meter breiten Felsvorsprung auf dem man sich bewegte, war auch nichts zu merken. In der "Scharte" angekommen begegneten mir 2 slowenische Wanderer, die mich fragten, warum ich nicht meine Stoecke benutze (ich verstand nicht slowenisch, konnte es aber an ihren Gestiken sehen). Die Stoecke benutze ich naemlich nur dann, wenn ich einen Abstieg von mind. 500 Hoehenmeter habe [in ein paar Tagen hat mir das vermutlich mein Genick gerettet]. Sonst laufe ich ohne einfach besser - mit meinen Daumen unter den Rucksackriemen, wenn es bergauf geht. In der Scharte machte ich gleich eine Pause. Zur Spitze des Brunshuegels Vršič begegneten mir ein ganzer Haufen Touristen. Zum Pass fuehrte natuerlich eine fette Strasse, mit der die Touris in Windeseile zum Gipfel hochlaufen konnten. Trotzdem kamen mir einige vor, wie wenn sie gerade den Mount Everest besteigen wuerden :-)

Das Tal Richtung Trenta
Der ganze Pass war zugemuellt mit Autos, deren fleischigen Insassen, Fressstationen und Souveniershops. Ich ging zum Futtern in die anscheinend alte "Huette", die hier auch schon vor der Erbauung der Autobahn stand, trank mal wieder ein Radler und verschlang noch ein Gulasch, bevor ich von dieser Touristenhochburg verschwand. Ein paar Meter ueber die Strasse zweigte dann rechts der Wanderweg ab, auf dem mir andere Wanderer entgegen kamen. Vielleicht wollten die sich auch einfach nur die Parkgebuehr am Pass ersparen. Der Weg war meistens noch natuerlich belassen, so dass hier und dort mal Baumstaemme im Weg lagen oder gar einen kleinen Umweg erforderlich machten. Mein Kompass hat irgendwann in den letzten 2 Tagen auch noch den Geist aufgegeben. Die Spitze auf der die magnetische Nadel angebracht war ist abgegangen und haengt jetzt an der magnetischen Nadel. Das naechste Teil, das draufgegangen ist :-/. Auch ohne Wegnummerierung laeuft es bisher ganz gut. Es gibt an jeder Kreuzung einen Wegweiser, der die Wegnummern ueberfluessig macht. Damit sind auch die doppelt bis vierfachen Wegnummern kein Problem mehr. Auf dem Wanderweg rauschte fuer einige Zeit ein Bach herunter, den man leider und sogleich erfreulicherweiser erst gegen Ende des Abstieges sah und dann auch vorbei an Steingrenzen zur Strasse kam. Jetzt war's nicht mehr weit nach Trenta. Die ganzen Wegnamen bedeuteten nur noch Bahnhof fuer mich. Der erste Wanderweg auf dem ich kam verlief etwas weg von der Strasse und dafuer entlang eines Flusses fuer ein paar Minuetchen. Ein paar Touristen fragten mich, ob ich was geklaut habe. Ich hab's halt allgemein eilig :-).

Der Fluss, den ich barfuss ueberhumpelte
Dann war ich wieder auf der Strasse und folgte dieser ueber die erste Bruecke ueber den Fluss und vor der zweiten Bruecke ueber den Fluss ging wieder ein Wanderweg weiter. Dem folgte ich ohne gross nachzudenken, genoss die umzingelnden Berge, den rauschenden Fluss der die links gegenueberliegende Fahrstrasse verstummen lies, hoerte wieder die Voegel zwitschern und dachte mir FUCK als ich in die Karte schaute. Da war naemlich keine Bruecke nach Trenta sichtbar. Irgendwie musste ich aber ueber den Fluss und auch wenn die Schuhe bis ueber den Knoechel wasserdicht waren, war der Wasserstand zu hoch, als dass ich ihn trockenen Fusses ueberqueren haette koennen. Die Suche nach einer halbwegs einfachen Stelle fing ich erst gar nicht an. Bei der naechstbesten Naeherung an den Fluss zog ich meine Schuhe und Socken aus, hatschte los und spuerte den Schmerz von kaltem Gebirgswasser in reinster Form. Die Steine unter mir waren auch noch glitschig. Die Schuhe knotete ich deshalb zusammen und hing sie mir um den Hals, um mit Hilfe der Stoecke den Fluss fallfrei zu ueberwinden. Was an der einen Flussseite als schneller Gang ueber den Fluss aussah, war spaetestens nach 3 Metern bis zur kleinen Schotter-Mini-Insel zur reinsten Tortur geworden. Es hilft aber nix. Weiter gings und das Wasser wurde noch tiefer. Selbst meine kurze Hose wurde nass und ich rutschte immer wieder aus und jeder Auffangschritt schmerzte noch mehr als der vorherige. Zu allem Ueberfluss war die gegenueberliegende Flussseite der Motorsaegenplatz des Grundstuecksbesitzers, so dass ich ueber einen Haufen alter Saegespaehne lief und auf dem Saegeblock Platz nahm. Meine Fuesse fuehlten sich an wie tiefgefroren und pochten vor Schmerz. Zuerst beim linken, dann beim rechten Fuss beseitigte ich erst den groebsten Dreck mit einem herumliegenden Holzstueck, benutzte die Socken um den Rest zu entfernen und zog langsam die Socken wieder an, um etwas Gefuehl in den Hatschern zu bekommen. Die Schuhe wieder angezogen befand ich mich in einem Schafsgehege mit 2 Zuchtviechern. Ich selbst war auf der Lauer vor einem Hund der mich jeden Moment anfallen koennte. Momentan war ich ja auf Privatbesetz, den ich schleunigst ueber einen Zaun auf die Strasse verliess.

PARTY!!! PARTY!!! PARTY!!!
Von 1 km Entfernung sah ich bereits, dass in Trenta ein Festzelt stand, dachte mir aber nichts schlimmes dabei. Bei "Dom Trenta" direkt neben dem Festzelt stand schon ein Touri-Bus bereit, Musik von der "Platte" kam auch schon. Mit Uebernachtungen sieht's heute wohl schwer aus - genau das wurde mir bei der Touristen-Information in dem Dom (ist das uebersetzt 'Haus'?!?) gesagt. Die nette Frau dort bemuehte sich ungemein, eine Uebernachtung in Trenta fuer mich zu finden. Die erste Moeglichkeit war, mit jemand anders das Zimmer zu teilen. Als die Info-Dame zurueck rief um zu bestaetigen, wurde das Angebot zurueckgezogen. Es ist mir doch scheiss egal, wo und neben wem ich schlafe. Hauptsache ein Dach ueber dem Kopf! Die zweite Moeglichkeit (waehrend dessen fing ich an mein Tagebuch zu kritzeln) war eine aeltere Wanderin, die auch eine Uebernachtung suchte. Die hatte dann aber doch was anderes vor. Viele sagten naemlich per Telefon ab, da ich nur alleine war. Den Aufstieg zur Huette von morgen wollte ich nicht mehr machen. Das kalte Wasser und die durch den heutigen Abstieg leicht schmerzenden Fuesse hatten keine Lust mehr. Es war gerade 15 Uhr und ich waere fruehestens um 19 Uhr abends, eher 2 Stunden spaeter oben angekommen. So ein huebsches blondes Maedel fragte mich auch noch, warum ich kein Zelt dabei habe. Die Frage ist auch gerechtfertigt, da nach meinen Infos bisher jeder Via-Alpina Gaenger ein Zelt dabei hatte. So sass ich herum, hoffte auf eine Unterkunft und ueberlegte mir Alternativen wie doch noch auf die Huette hoch zu gehen, ja sogar mit dem Bus bis zur naechsten Stadt weiter zu fahren, irgendwo im Freien zu pennen (meinen Biwacksack hatte ich daheim gelassen) oder alle zu fragen und ueberall zu klingeln. eine Stunde verstrich bis die Lady wieder zu mir kam fuer kein unmoralisches Angebot: Sie haette ein Zimmer mit Matratze ohne Dusche und fuer die Toilette muesste ich ein Stockwerk tiefer gehen. Was soll ich da noch sagen? Gebongt!!!!!! Das Zimmer war in dem Dom Trenta um die Ecke, eine Matratze lag auf dem Sofa und das WC war im EG. Herrlich! "Ich habe Unterkunft"! 10 Tage vor Ende der Tour waere es bitter, kein Dach ueber dem Kopf zu haben.

Daheim bei Danae - leider musste ich wieder frueh raus :-/
Duschen wollte ich aber doch. Nach dem Einzug machte ich mir so meine Gedanken beim 700 Meter entferntem (dem einzig vorhandenem) Fresslokal. Ich koennte z. B. Bewohner der Appartements fragen, ob sie mich schnell unter die Dusche lassen. Im Endeffekt lief wieder alles anders. Die Haare konnte ich mir einfach so unter dem Wasserhahn waschen und den Rest? Aber das hier ist mein privat WC, dass eigentlich abgeschlossen ist. Einen Abfluss am Boden hatte es, auf eine Katzenwaesche hatte ich keine Lust und im Gepaeck war eine leere Wasserflasche, die immer wieder als "Duschbrause" diente. Jetzt bin ich sauber [und das WC war unter Wasser gesetzt] :-). All meine Wuensche sind erfuellt und ich kann morgen die 1500 Hoehenmeter hochhatschen. Das Fruehstuecksproblem bleibt noch zu beheben. Dafuer finde ich auch eine Loesung. Was mir in diesen Gebirgsketten Probleme bereitet ist lediglich meine Kamera. Fast alle Felswaende steigen so steil hoch, dass es unmoeglich ist, diese einzufangen - geschweige denn die Atmosphaere in Standbilder zu fassen. Nun sitze ich hier im Bierzelt, hole mir ein kuehles Blondes nach dem anderen bei der Blonden (die wg. dem Zelt), hoere der slowenisch sprachigen Volksmusik zu und freue mich auf die kommenden paar Etappen, die mich ueber Hoehenwege von Huette zu Huette fuehren, bis ich endgueltig ins Land der Brunshuegel komme. Und ueberhaupt: Wieso gibt es keinen Algorithmus, der Rueckkopplungen von Mikros herausfiltert?!?